Kirchenbuch II

Am Glockenstuhl sind Verkrustungen zu sehen. Auf den ersten Blick sehen sie entsprechend ihrer Farbe und Struktur aus wie Brandspuren. Es sind jedoch jahrhundertealte Reste vom Schmieren der beiden Glockenlager.

Uns ist heute der Begriff bzw. die Tätigkeit des „Klingelsäcklers“ nicht mehr geläufig, obwohl das damit beauftragte Gemeindemitglied 1685 sogar hinter Kirchenvätern und Bauherren auf dem Deckblatt des Kirchenrechnungsbuches benannt wurde (Siehe Beitrag vom 7. März 2017).

Ähnlich ist die Tätigkeit des „Glockenschmierers„. Der Schulmeister wurde offensichtlich auch noch für die Wartung der Glocken bezahlt. Er erhielt dafür 1685 einen Betrag von 18 Groschen. Wenn man davon ausgeht, dass die kursächsischen Münzordnung von 1558 noch Gültigkeit hatte, dann entsprechen 20 Groschen einem (Silber-)Gulden. Um 1700 entsprach in Sachsen 1 Gulden einer heutigen Kaufkraft von ca. 30 Euro.

 

Cap. 2

Ausgabe dem Pfarrhl, Schulmeister
und Kirchenvätern

Dem Pfarrhl auf Trinitatis
Eidem[1] präsent
denen Kirchenvätern
zum Neuen Jahre Eidem
Glockenschmierer dem Schulmeister

Cap. 3

Ausgabe vor Wein zur Communion und
Wachskertzen

vor Wein
vor Hostien
vor Wachslichter

 

References
1 nämlich

800 Jahre – 100 Jahre

Das spätromanische Portal ist ca. 800 Jahre alt und hat teilweise verwitterte Stellen. Links daneben an der Turmsüdseite befindet sich ein Ehrenmal zum Gedenken an die Toten des Ersten Weltkrieges. Nach nicht einmal 100 Jahren zeigen die Bildbeispiele unten eine der sehr gut lesbaren Inschriften und eine aus dem rechten oberen Teil des Ehrenmals, die überhaupt nicht mehr zu entziffern ist.

Nach einem Menschenleben „verschwindet“ somit Geschichte.


Dieses Gefallenendenkmal, oft auch als Kriegerdenkmal bezeichnet, wird in den verschiedenen Ausgaben des Dehio erwähnt oder auch unterschlagen (Siehe Beitrag vom 16. Februar 2017). Die letzte unsere Region betreffende Ausgabe „Sachsen-Anhalt II: Regierungsbezirke Dessau und Halle“[1] des Dehio erschien 1999.

An der Turmsüdseite fein gestaltetes Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, um 1925.

In der Ausgabe Bezirk Halle von 1976 mit Nachdruck von 1990 wird das Gefallenendenkmal unterschlagen.

Aus den Anfangstagen hat sich ein undatierter Zeitungsausschnitt erhalten.

Die Druckqualität entspricht dem damaligen Standard für Zeitungen. Auch unter Ausnutzung aller Möglichkeiten moderner Scantechnik und dem Vergleich vor Ort bleiben zwei Worte unleserlich. Unten sind die Inschriften der 20 Namensbereiche zu sehen (auch als PDF-Datei).Bei der Recherche nach einem  vielleicht doch irgendwo vorhandenen Hinweis  auf unser Denkmal stößt man auf die Liste der Kulturdenkmale in Kabelsketal und darin auf 4 Kriegerdenkmale als Bau- und Kleindenkmale. Das Denkmal an der Naundorfer Kirche ist nicht erfasst.

Ebenfalls ohne Erfolg war die Suche im Onlineprojekt Gefallenendenkmäler mit aktuell über 2 750 000 Namen.  Aus der unmittelbaren Umgebung sind z.B. Ammendorf und Osmünde aufgelistet.

References
1 Sachsen-Anhalt II: Regierungsbezirke Dessau und Halle, Deutscher Kunstverlag München Berlin 1999, ISBN 978-3-422-03065-7, Seite 609

Glocken V

Im Beitrag vom 8. Januar 2017 wurde auch auf die Inschrift der 1942 konfiszierten 1,33 m Glocke eingegangen. Der Förderkreis dankt Herrn Günther und Herrn Richter für ihre Bemühungen. Auf der Glocke müsste in sprachlich und inhaltlich korrekter lateinischer Schreibweise gestanden haben

HANC CAMPANAM MDXXXIV DECEMBER MDCCLXV REFVDIT ET EFFORMAVIT F. A. BECKER HALENSIS

In der Übersetzung:
Diese Glocke von 1534 hat im Dezember 1765 F. A. Becker aus Halle umgegossen und gestaltet

Bei SchönermarkBeschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Delitzsch“ ist „CAMBANAM“ zu lesen, also die Schreibweise mit „B“. Er erwähnt ausdrücklich die in der halleschen Sprache oft vorkommende Verwechselung von hartem und weichem „P“ beziehungsweise „B“. Der Fehler dürfte also beim Glockengießer Friedrich August Becker gelegen haben.

Ferner ist in der ersten Jahreszahl „DXXXIV“ die beginnende Ziffer „M“ unterschlagen. Aus 1534 ist somit bei Schönermark 534 geworden. Hierbei könnte der Fehler im Manuskript von Schönermark zu suchen sein aber auch beim Glockengießer. Gleiches trifft auf das bei Schönermark nicht vorhandene zweite „E“ zu.

Eine der wenigen noch existierenden Glocken von Friedrich August Becker ist seine 1749 gegossene Glocke in der Kirchengemeinde Osmünde[1]. Sie befindet sich nach dem Einsturz des Kirchturms in einen separaten Glockenstuhl auf dem Friedhof.

Dem Thema Inschriften widmet sich das von verschiedenen Akademien der Wissenschaften getragene Projekt „Deutsche Inschriften Online„. Die Inschriften der Stadt Halle hat Franz Jäger im Band 85 der Reihe „Die Deutschen Inschriften“ im Reichert-Verlag  veröffentlicht. Teile daraus sind online verfügbar einschließlich 354 Abbildungen. Auch wenn einer der Schwerpunkte der Stadtgottesacker ist (als eine der bedeutendsten Camposanto-Anlagen nördlich der Alpen), so sind auch diverse Glocken beschrieben, z.B. aus der Marktkirche. Ausgelassene oder unsichere Schriftzeichen sind also durchaus nicht unüblich.

Einen unmittelbaren Bezug zu unserer Glocke haben die Ausführungen von Jäger zu Verlusten

Die Verluste entstanden weniger durch die erzwungenen Glockenablieferungen während der Weltkriege als durch Umgießen vom 17. bis zum frühen 20. Jh.[2]

Der Glockengießer Friedrich August Becker wird übrigens nicht namentlich erwähnt.

 

Kirchenbuch


Zu den Schätzen der Kirchengemeinde gehört nicht nur die Kirche selber mit Portal, Glocken und Orgel, sondern z.B. auch das Kirchenrechnungsbuch von 1685 bis 1834. Die Seiten des Buches sind in einem guten Zustand lediglich der Einband bedarf einer Restaurierung. Unter konservatorischen Gesichtspunkten müsste das Buch digitalisiert, entsprechend gelagert und nur noch mit der digitalen Kopie gearbeitet werden.

Das Kirchenrechnungsbuch ist (zumindest für uns) nicht nur kunst- und kulturgeschichtlich wertvoll sondern besonders in inhaltlicher Sicht. Mit etwas Glück lassen sich Daten zu Beschaffungen, Reparaturen u.ä. finden.


Jahr Rechnung
Der Kirchen zu Naundorff
über deroselben Einnahmen und
Ausgaben von Trinitatis 1685
biß dahin 1686 [1]

da dann gewesen

George Frenzel von Dölbau | Kirchväter
Peter Grißing von Naundorff |
Andreas Ulrich von Naundorff | Bauherren
Christoff Ömizsch von Stennewitz |
Sigmund Mehnert von Dölbau |
Hans Geißler von Cappeln Ende |
Andreas Jenizsch von Stennewitz | Klingelsäckler

Die Übertragung in das gegenwärtige Deutsch beinhaltet neben unklaren Worten bestimmt auch Ungenauigkeiten. Über Hinweise würden wir uns freuen. Zu sehen ist das erste Rechnungsjahr.

Der Buchbeginn 1685 ist vielleicht schwer einzuordnen. Was passierte damals? Was ist heute noch relevant? 1685 wurden in Halle Georg Friedrich Händel und in Eisenach Johann Sebastian Bach geboren;  in Frankreich wurden das Toleranzedikt von Nantes aufgehoben und mit dem Potsdamer Toleranzedikt den Hugenotten Zuflucht in Brandenburg geboten. Die Reformation war seit 146 Jahren (1539) im Albertinischen Sachsen und somit in unserem Gebiet eingeführt.

Nach 149 Jahren schließt das Buch. Was bewegte die Menschen damals? 1834 wurde die Konzession für die erste deutsche Eisenbahn erteilt, die dann 1835 von Nürnberg nach Fürth fuhr. Ebenfalls 1835 wurde die Konzession für die erste Länder übergreifende Bahn (Preußen, Anhalt-Köthen, Sachsen)  von Magdeburg über Köthen und Halle nach Leipzig beantragt, die dann 1840 eröffnet wurde. 6 Jahre nach  Abschluß des Kirchenrechnungsbuches konnte man vom Naundorfer Kirchturm nicht nur die Eisenbahn vorbei fahren sehen, sondern auch von Halle aus weiter auf der seit 1839 durchgängig befahrbaren ersten deutschen Fernbahn von Leipzig nach Dresden reisen. Vorausgesetzt man hatte die finanziellen Mittel dazu.

Die Kirche in Naundorf gehört zur 2009 gebildeten Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Im Magdeburger Archiv der ehemaligen Kirchenprovinz Sachsen werden 83 laufende Meter Kirchenbücher aufbewahrt. Diese befinden sich eigentlich in der Obhut der Kirchengemeinden selber. Es wurde auch begonnen diese digital auf Mikrofilm zu speichern. Mit Stand von 2006 ist auch Naundorf digitalisiert (Seite 20). Mit der Zuordnung zum Kirchenkreis Halle-Saalkreis könnte aber auch Naundorf im Salzatal gemeint sein. Der Mikrofilm ist nur in Magdeburg einsehbar.

References
1 17. Juni 1685 bis 9. Juni 1686

Überraschend elegantes Portal

Die Überschrift müsste eigentlich als Zitat gekennzeichnet werden. Sie ist der Originalausgabe des „Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Band I  Mitteldeutschland[1] von Georg Dehio entnommen. Dies ist der erste Band (1905) von insgesamt fünf Bänden (letzter Band 1912 erschienen) des Dehio-Handbuchs.

Die nach seinem Tode erschienenen Ausgaben des „Dehio“ wurden und werden von der Dehio-Vereinigung bearbeitet, erweitert und aktualisiert.

In der Ur-Ausgabe von 1905 schreibt Dehio zu dem in der Provinz Sachsen im Kreis Delitzsch gelegenen Naundorf

Dorf-K. sprom. Überraschend elegantes Portal; im abgetreppten Gewände je 2 Sll. mit gewundenen oder im Zickzack, dessen Spitzen in Dreiblätter ausgehen, kannelierten Schaften; das Tympanon in 2 Quadranten geteilt, Rosetten und freies Randornament.[2]

Die letzte unsere Region betreffende Ausgabe „Sachsen-Anhalt II: Regierungsbezirke Dessau und Halle[3] erschien 1999. Naundorf ist Teil der Gemeinde Dölbau im Saalkreis und wird mit einem umfassenderen Text berücksichtigt.

Ev. Kirche St Petrus, Paulus und Ursula. Einschiffig mit Westquerturm und 5/8-Chor von gleicher Breite. Der spätromanische Bau frühes 13. Jh., Chor um 1400, im 18. Jh. verändert; Westeingang 19. Jh. Der romanische Gründungsbau durch charakteristische Details ausgezeichnet, die Schallarkaden des Turms mit Würfelkapitellen, am Quersatteldach noch das urspr. Giebelkreuz. Am Schiff romanisches Traufgesims und einzelne romanische Fenster, an den östl. Ecken Kantensäulchen mit Kelchblockkapitellen. Der Südeingang ein zweistufiges Säulenportal mit skulptierten Säulenschäften, guten Blattkapitellen und einem zweigeteilten Tympanon mit Rosetten, im engen Anschluß an das Formenrepertoire der Stiftskirche auf dem Petersberg gestaltet.

Die nachfolgen Ausführungen zum Kircheninneren sind jedoch teilweise zu hinterfragen.

Das Innere mit Balkendecke und Empore an der West- und Südseite. Der Turm in Doppelarkade zum Schiff geöffnet, auch der romanische Triumpfbogen erhalten. Vortragekreuz mit reicher barocker Ornamentik. Spätgotische Sakramentsnische, 1504, und Piscina. Außen barocker Grabstein. An der Turmsüdseite fein gestaltetes Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs, um 1925.

In der Ausgabe Bezirk Halle von 1976 mit Nachdruck von 1990 wird das Kriegerdenkmal unterschlagen, aber dafür zwei Sakramentsnischen von 1415 und 1504 erwähnt.

References
1 Nachdruck 1991: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler Mitteldeutschland, Deutscher Kunstverlag München Berlin 1991, ISBN 978-3-422-03023-7, Seite 224; Originalausgabe 1905 in Bibliotheken z.B. in Halle verfügbar
2 als Fließtext: spätromanische Dorfkirche mit überraschend elegantem Portal. Im abgetreppten Gewände je 2 Säulen mit gewundenen oder im Zickzack kannelierten Schaften, deren Spitzen in Dreiblätter ausgehen. Das Tympanon ist in 2 Quadranten geteilt mit Rosetten und freiem Randornament.
3 Sachsen-Anhalt II: Regierungsbezirke Dessau und Halle, Deutscher Kunstverlag München Berlin 1999, ISBN 978-3-422-03065-7, Seite 609

Glocken IV – Naundorf

Im Turm der Kirche St. Peter und Paul und St. Ursula in Naundorf befindet sich ein Glockenstuhl zur Aufnahme von drei Glocken.

Zurzeit sind zwei Glocken vorhanden:

–  Glocke mit 0,60 m Durchmesser

–  Glocke mit 0,49 m Durchmesser

Beide Glocken konnten viele Jahre nicht geläutet werden. Der Förderkreis Portal unter der Leitung des 1. Sprechers, Herr Voß, veranlasste eine Besichtigung der Glocken durch einen Sachverständigen. Dieser schätzte ein, dass mit überschaubaren Mitteln das Geläut der größeren Glocke wieder hergestellt werden könnte. Als Zielstellung dafür wurde angestrebt, dies bis zur Christvesper (mit Krippenspiel) am Heiligabend 2016 zu erreichen. Dies gelang dank der Handwerker der Firma Christian Beck, Glocken und Turmuhren, aus Kölleda.

Die Glocke mit 0,49 m Durchmesser befindet sich an einem Glockenjoch, das offenbar ursprünglich eine andere Glocke trug. Das Geläut dieser Glocke wieder herzustellen bedarf umfangreicherer Arbeiten. Darüber ist zu einem späteren Zeitpunkt zu befinden.

Zur Belegung des Glockenstuhls und zum „Schicksal“ der Glocken konnte Folgendes ermittelt werden:

Gemäß der „Beschreibenden Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Delitzsch[1] von Gustav Schönermark aus dem Jahre 1892 befanden sich zu diesem Zeitpunkt folgende Glocken im Turm der Naundorfer Kirche (wörtlich zitiert):


Die Glocke mit 0,92 m Durchmesser hat eine gefällige Form; ihren Hals umziehen vier Schnüre ohne Inschrift. Sie gehört muthmasslich in den Anfang des 13. Jahrhunderts, wird also mit dem Kirchenbaue gleichzeitig sein. Eine zweite Glocke misst 0,60 m im Durchmesser und hat oben vier Riemen, aber keine Inschrift; auch sie wird in dieselbe Zeit gehören.

Die dritte Glocke mit einem Durchmesser von 1,33 m hat diese Inschriften:

SO OFFT ICH WERDE KLINGEN, SO OFFT KOMM MAN ZV SINGEN ZV BETEN UND ZV HOEREN WAS GOTTES WORT WIRD LEHREN, WER GLAVBT VND FOLGT DEM WORT WIRD SEELIG HIER VND DORT.

Ein Teil der übrigen Inschrift weist auf den vermutlichen Glockengießer hin:

HANC CAMBANAM[2] DXXXIV DECEMBR MDCCCLXV REFVDIT ET EFFORMAVIT F. A. BECKER  HALENSIS[3]

Auch ein Wappen mit einer Luthermedaille als Bekrönung ist als Schmuck an der Glocke angebracht; unter diesem Wappen steht 1765, über demselben ist ein erhabener Crucifixus.

Zum Schicksal der letztgenannten Glocke konnte folgendes ermittelt werden: Sie hat den ersten Weltkrieg überstanden, den zweiten nicht mehr. Im Jahre 1942 wurde diese Glocke als  „Metallspende des deutschen Volkes“ für den „Endsieg“ über ein Fenster (Schallarkade) auf der Westseite des Turms heraustransportiert. Beim Herablassen auf den Erdboden stürzte sie ab und zersprang in mehrere Teile. Sie konnte gewissermaßen für das Einschmelzen vorbereitet abtransportiert werden.

Zum Schicksal der Glocke mit 0,92 m Durchmesser ist nur bekannt, dass sie 1942/43 nicht mehr im Glockenstuhl vorhanden war. Zu diesem Zeitpunkt befand sich nur die Glocke mit 0,60 m Durchmesser im Turm, sodass anzunehmen ist, dass sie bereits im ersten Weltkrieg ihr Ende im Schmelzofen fand und an diesem Glockenjoch die jetzt vorhandene kleinere Glocke mit 0,49 m Durchmesser befestigt wurde. Sowohl über die Herkunft als auch über den Zeitpunkt der Montage dieser kleinen Glocke konnte bisher nichts in Erfahrung gebracht werden.

Die Weihnachten 2016 wieder “in Betrieb“ genommene Glocke mit 0,60 m Durchmesser hat offenbar alle Widrigkeiten der Zeiten überstanden, obwohl auch sie schon auf einer Abrufliste[4] des zweiten Weltkriegs stand!

Die „Lebenswege“ unserer Glocken in Naundorf und Kleinkugel sollten uns Mahnung und Verpflichtung bleiben, denn auf unserer kleinen Glocke unbekannter Herkunft steht:

* Maria hilf u(n)s * Not laß aus *

Es ist anzunehmen, dass  diese Glocke um 1500 gegossen wurde[5] .

Die Informationen über das Ende der großen Glocke mit 1,33 m Durchmesser im Turm zu Naundorf sind von Herrn Heribert Wille, der Augenzeuge des Absturzes im Jahr 1942 war und unsere erhaltene Glocke von 0,60 m Durchmesser sowohl im Jahre 1943 als auch Weihnachten 2016 geläutet hat. Ferner danken wir Herrn Peter Dörheit für seine Recherchen.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß es in Naundorf zu unterschiedlichen Zeiten wahrscheinlich insgesamt 4 Glocken gab. Anfang des letzten Jahrhunderts waren es die Glocken mit 0,60, 0,92 und 1,33 m Durchmesser. Die letzten beiden Glocken fielen Einschmelzaktionen der beiden Weltkriege zum Opfer. Die 0,49 m Glocke kam später hinzu. Dies könnte im Rahmen der Rückführung von Kirchenglocken geschehen sein. Dazu müßte im Kirchlichen Archivzentrum Berlin recherchiert werden.

Anmerkung: eine korrigierte Fassung der Glockeninschrift finden Sie hier.

References
1 in drei Bibliotheken der Stadt Halle verfügbar
2 Die Verwechslung von b und p darf nicht verwundern in einer Gegend, in welcher noch heute von einem harten und weichen b bez. p gesprochen wird.
Anmerkung: diese Fußnote steht so im Original von Schönermark; das „heute“ bezieht sich also auf 1892
3 Dies Glocke 534 hat im Dezember 1865 (zurück-)gegossen und geformt F. A. Becker Halensi.
Das lateinische Wort fudere heißt übersetzt gießen, refudere zurückgießen, was so hier nicht richtig passt. Man könnte es vielleicht auch neu gießen oder erneut gießen deuten, dann wäre eine alte Glocke eingeschmolzen und daraus eine neue gegossen worden. Ganz unlogisch ist das nicht, da auf dem Lutherwappen die Zahl 1765 stand
4 laut Auskunft Heribert Wille
5 laut Auskunft Glockenbaufirma Christian Beck

Glocken III

Am Heiligen Abend fand wie jedes Jahr in der Kirche Naundorf der Gottesdienst mit Krippenspiel statt. Vorher hat zum ersten Mal die instandgesetzte Glocke geläutet. Dazu hier demnächst mehr.

Bei der Recherche zu Glocken (sowohl Kleinkugel als auch Naundorf) stößt man auf „Das Buch von deutschen Glocken“ von Paul Sartori aus dem Jahr 1932. Es ist u.a. in Leipzig verfügbar, aber auch an zwei Standorten in Halle.

Ein digitalisiertes Exemplar hält die „Digitale Bibliothek der Universität Wrocław“ bereit. Der komplette Inhalt ist einsehbar. Das Inhaltsverzeichnis listet diverse Orte in Sachsen als Teil von Preußen auf, so auch Merseburg und Gutenberg, jedoch nicht Kleinkugel, Naundorf oder deren unmittelbare Umgebung.

Zur Intention seines Buches schreibt Sartori in der Vorbemerkung:

Als im Mai 1917 ein Heer deutscher Glocken die luftigen Sitze und den heiligen Dienst verlassen und ins Feld ziehen mußte, da konnte es als eine schuldige Ehrung für die Scheidenden betrachtet werden, daß eine Vielzahl volkskundlicher Vereine und der Verband selbst einen Ruf ins Land gehen ließen zur Sammlung und Aufzeichnung alles dessen, was sich an Bräuchen und Sagen, Volksglauben und sprachlichen Bezeichnungen an die Glocken anknüpft.